Preisträger 2023 2023-09-22T10:28:32+02:00

Project Description

Die PreisträgerInnen 2023

Kategorie

GROSSER DEUTSCH-FRANZÖSISCHER MEDIENPREIS

LEÏLA SLIMANI

Leïla Slimani verdeutlicht in ihren Werken auf sehr beeindruckende Weise, wie die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts das Privatleben und bis heute die Identität vieler Menschen prägt und nach wie vor die Ursache von Konflikten ist. In ihrer aktuellen autobiographisch erzählten Trilogie erzählt sie mit großer Einfühlsamkeit ihre eigene Familiengeschichte, die ihren Ursprung im Elsass während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg hat. In Zeiten von Hass, Intoleranz, Fake News und der dadurch abnehmenden Bereitschaft zum offenen Diskurs sind es vor allem Kunst und Kultur, die uns einen Spiegel vorhalten und so die Chance eröffnen können, das Trennende zu überwinden und wieder aufeinander zuzugehen.

GEORGES-ARTHUR
GOLDSCHMIDT

Georges-Arthur Goldschmidt hat trotz Flucht und Vertreibung zeitlebens seinen Optimismus nicht verloren. Der heute 95-Jährige bleibt als Überlebender und Zeitzeuge des Nationalsozialismus auch für künftige Generationen eine wichtige Stimme und Informationsquelle. Seine Bücher über die ursprünglich jüdische Familie und seinen eigenen Lebensweg sind eine eindrucksvolle Schilderung, wie Gesellschaften sich unter dem Druck des Autoritären verändern und das Böse die Oberhand gewinnt. Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller machte sich Goldschmidt auch als Literaturkritiker und Übersetzer einen Namen. Ein Austauschprogramm zur Förderung junger Übersetzerinnen und Übersetzer trägt seit zwei Jahrzehnten seinen Namen.

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NEWSFORMATE

NADIA PANTEL

„Wer’s glaubt“

Süddeutsche Zeitung

Nadia Pantels Artikel „Wer’s glaubt“ handelt vom Erfolg rechtsextremer Ideen, einem Thema von absoluter Dringlichkeit. Er wurde nach dem ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl 2022 veröffentlicht und geht der Frage nach, warum es Marine Le Pen gelingt, für viele wählbar zu werden. Es mangelt nicht an Porträts und Versuchen, sich dem Phänomen Marine Le Pen zu nähern und trotzdem ragt dieser Beitrag heraus. Er überzeugt mit profunder Recherche, präzisen Beobachtungen und einprägsamen Bildern. Nadia Pantel spürt vor Ort der Begeisterung für die Präsidentschaftskandidatin des Rassemblement National nach und verbindet Reportage-Elemente mit einordnenden Aspekten. Ihr gelingt es auch, dem deutschen Publikum den Mechanismus der Entdämonisierung zu vermitteln, wie aus der Tochter des Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen die „nett und normal“ wirkende Marine geworden ist.

Nadia Pantel, geboren 1982 in Hamburg, studierte zunächst Neuere und Neueste Geschichte und Germanistik in Freiburg im Breisgau. Nach ihrer journalistischen Ausbildung in Berlin und einem Volontariat bei der Süddeutschen Zeitung war sie bei ebendieser in der Redaktion Außenpolitik, Schwerpunkt Südosteuropa, und anschließend als Frankreich-Korrespondentin tätig.

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DOKUMENTATION

ULRIKE BREMER

„Du gehörst mir! – Das Muster der Frauenmorde“ « Tu m’appartiens ! – Racines d’un féminicide »

ARTE / Hessischer Rundfunk

Ulrike Bremers Dokumentation „Du gehörst mir! – Das Muster der Frauenmorde“ rekonstruiert anhand von Augenzeugenberichten, Interviews mit Anwältinnen, Wissenschaftlern, Richtern und Hinterbliebenen Übergriffe und Morde durch Männer. Die Fälle aus Frankreich, Spanien und Deutschland zeigen, wie sehr diese Form von Gewalt über alle europäischen, gesellschaftlichen und kulturellen Grenzen hinaus verbreitet ist.

Außerdem deckt die Reportage Missstände in der Aufklärung und Anerkennung dieser Gewalttaten als strukturelles Problem in weiterhin patriarchalisch geprägten Gesellschaften auf und offenbart dabei feine Unterschiede im Umgang damit in den verschiedenen europäischen Staaten.

Ulrike Bremer schildert in ihrer Dokumentation nicht nur, was jeden Tag irgendwo in Europa geschieht, sondern gibt den Opfern eine Stimme und begibt sich gleichzeitig auf eine Spurensuche nach den Motiven der Täter.

Ulrike Bremer ist als freie Autorin für Dokumentationen und Features für ARTE und ARD in den Bereichen Kultur, Gesellschaft, Politik und Geschichte international tätig. Sie ist außerdem Redakteurin des Kulturmagazins „ttt“ bei der ARD.

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INVESTIGATION

PIERE-STÉPHANE FORT

«Quatar2022, un scandale français?»

France 2

Pierre-Stéphane Fort hat die Jury in seiner Reportage „Qatar 2022, un scandale français ?“ mit einer starken investigativen Recherche über die schockierenden Umstände der Fußball- WM in Katar überzeugt. Beleuchtet wird ein Geflecht aus politischen und wirtschaftlichen Interessen, Korruption und französischer Kampfjets und die Beinahe-Pleite von Paris Saint-Germain mit der Vergabe der Fußball-WM an Katar zusammenhingen.

Mit der Undercover-Recherche zu den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter ist Fort ein großes persönliches Risiko eingegangen. Der Journalist widerlegt damit die Hochglanz-PR des Emirats, der FIFA und der zahlreichen Unterstützer aus Politik und Wirtschaft – und setzt insbesondere den französischen Fußballverband unter Zugzwang. Was den Film so besonders macht: In mehreren konfrontativen Interviews schafft Pierre-Stéphane Fort außergewöhnliche Fernsehmomente.

Pierre-Stéphane Fort studierte Journalismus an der École Supérieure de Journalisme in Lille und Montpellier. Nach verschiedenen journalistischen Stationen widmet er sich heute als in Paris ansässiger freier Journalist vornehmlich investigativen Themen.

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NACHWUCHSPREIS

LEA WEINMANN

„Was geschah am Grenzzaun von Melilla“

Süddeutsche Zeitung

Die Jury zeichnet Lea Weinmann für ihre mutige Entscheidung aus, in dem Artikel „Was geschah am Grenzzaun von Melilla?“ ein furchtbares Ereignis zu beleuchten, das die europäischen Werte zu einer Zeit infrage stellt, in der das tagesaktuelle Hauptaugenmerk vor allem auf dem Krieg Russlands gegen die Ukraine li egt.

Ihre Rekonstruktion dieses bestimmten Tages am Grenzzaun von Melilla schildert den Leserinnen und Lesern die dramatischen Vorkommnisse, die sich vor dem Hintergrund einer fehlenden europäischen humanen Migrationspolitik abspielen. Die Reportage warnt uns vor dem, was zu erwarten ist, wenn keine geeigneten Antworten auf die globalen Fragen nach Sicherheit, sozialer Gerechtigkeit und die Klimakrise gefunden werden.

Im Jahr 1997 geboren, führte Lea Weinmanns Berufsweg sie nach ihrem Abschluss an der Hochschule der Medien über verschiedene Praktika und Hospitanzen, u.a. bei SWR1 und dem Handelsblatt, in ihre heutige Tätigkeit als Redakteurin bei der Süddeutschen Zeitung im Ressort Investigative Recherche.

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SPEZIALPREIS

JENS STROHSCHNIEDER

„ZDFzoom: Weinen werden wir später – Junge Ukrainer und der Krieg“

ZDF

Die Jury zeichnet Jens Strohschnieder für sein außergewöhnliches Portrait der vom Krieg betroffenen ukrainischen Jugend aus. Der von ihm gezeigte intime Einblick hält dem Publikum einen Spiegel vor, der es dazu bringt, sich mit jeder dieser Erzählungen über ein vom Krieg erschüttertes Leben zu identifizieren.

Der Autor präsentiert uns keine Helden, sondern er zeigt junge, resiliente Ukrainerinnen und Ukrainer, die entschlossen sind, ihren Lebensstil im Namen der Freiheit beizubehalten. Die von diesen jungen Persönlichkeiten ausgestrahlte Hoffnung und Lebenskraft sind höchst inspirierend. Ihr Schicksal ruft uns außerdem die Zerbrechlichkeit unserer eigenen Demokratien in Erinnerung.

Jens Strohschnieder widmet sich seit 2003 mit großer Leidenschaft Reportagen und Dokumentationen. Über 160 längere Filme produzierte er als Autor und Regisseur, unter anderem für das ZDF, die ARD und ARTE. Neben seiner Tätigkeit als Filmemacher ist er zudem als Musiker, Komponist und Buchautor aktiv.