25 Jahre DFJP 2017-11-22T12:02:43+01:00

« Messieurs Dames à la maison, vous êtes témoins d’un des plus grands succès dans la télévision allemande, notre show complètement en français, un des plus grands succès de tous les temps […] parce que c’est européen, c’est l’amitié, et c’est la perfection. » (Harald Schmidt, 28.05.2002)

Von den Quoten her gesehen war die Ausgabe der „Harald Schmidt Show“ vom 28. Mai 2002 sicher kein Riesenerfolg. Aber immerhin: Etwa 700.000 Zuschauer hielten dem Privatsender Sat1 die Treue, als Harald Schmidt, sein Team und sein Studiogast, Barbara Schöneberger, in der „Show en français“ eine komplette Stunde lang nur Französisch sprachen.

Dieser Sendung den Deutsch-Französischen Journalistenpreis (DFJP) in der Kategorie Fernsehen zu verleihen, war eine der umstrittensten Jury-Entscheidungen in der Geschichte des Preises. Die Kritiker wandten ein, die Sendung sei keine journalistische Arbeit. Die Befürworter dagegen meinten, für die Vorbereitung der Show seien sehr weitgehende Kenntnisse des Landes, der Kultur und der Sprache notwendig gewesen. Und sie betonten die Originalität der Sendung und den Mut, dem Publikum eines werbefinanzierten Senders Aspekte Frankreichs ehrlich, unterhaltsam und humorvoll nahe zu bringen – unterhaltsame Aufklärung also.

Es war auch das erste und eines der ganz wenigen Male, dass ein Privatsender einen Preis des DFJP zugesprochen bekam. Kein Wunder, denn sowohl in Deutschland als auch in Frankreich scheinen gut recherchierte, informative, originelle und zugleich anregend umgesetzte Berichte über das jeweilige Nachbarland eine feste Domäne der öffentlich-rechtlichen Sender zu sein.

Die Gründung

1983 wurde der Deutsch-Französische Journalistenpreis erstmals verliehen. Der Deutsch-Französische Freundschaftsvertrag feierte seinen 20jährigen Geburtstag, und das Bild vom ‚Erbfeind’ war schon weitgehend verblasst. Durch den Aufbau der Europäischen Union und durch viele Begegnungen im Großen wie im Kleinen hatten sich Deutsche und Franzosen menschlich angenähert. Das Misstrauen früherer Jahrzehnte wich einem Interesse füreinander. Aber dieses Interesse wurde von den Medien nur unvollständig befriedigt. Deutschland und Frankreich waren füreinander die wichtigsten Handelspartner, die deutsche Wirtschaft der Motor für Europa, die Bundeszentralbank ihr Taktgeber, und viele entscheidende politische Vorstöße heckten Deutschland und Frankreich gemeinsam aus. Und doch strengten die Medien eher selten gründliche Recherchen über den jeweiligen Nachbarstaat an. Oft blieb es bei Klischees und Pauschalurteilen.

Der damalige Intendant des Saarländischen Rundfunks, Professor Dr. Hubert Rohde, wollte dem entgegenwirken. Er sagte am 2. Januar 1983: „Anlässlich des 20. Jahrestages der Unterzeichnung des Deutsch-Französischen Vertrages verleiht der Saarländische Rundfunk in diesem Jahr zum ersten Male einen Deutsch-Französischen Journalistenpreis. Dieser Preis wird ausgeschrieben, um deutsche und französische Journalisten zu ermutigen, sich mit typisch deutsch-französischen Themen aus dem Bereich der Politik und Wirtschaft in Hörfunk und Fernsehen zu befassen.“

Die Trophäen im Wandel der Zeit

Die Idee zu dem Preis war einige Monate vorher geboren worden. Sie kam vom Referenten des Intendanten, Gert Opitz, und von Otto Klinkhammer, damals Chefredakteur des Saarländischen Rundfunks für Hörfunk und Fernsehen. Dieser war auch in den ersten drei Jahren Geschäftsführer des Preises. Das Preisgeld musste er aus dem Etat seiner Chefredaktion locker machen.

Die französischen Teilnehmer ‚jagen gehen’

Dass gerade der Saarländische Rundfunk den Deutsch-Französischen Journalistenpreis ins Leben gerufen hat, war natürlich kein Zufall. Die Grenznähe hat eine Rolle gespielt, die französische Vergangenheit (bis 1957 war das Saarland französisches Protektorat; die Gründung des SR war von Frankreich aktiv mitgestaltet worden), aber auch die vielfältigen Kooperationen mit dem französischen Radio und Fernsehen. In den ersten Jahren beschränkte sich der Preis auf die Bereiche Radio und Fernsehen. Außerdem waren nur Berichte über Politik und Wirtschaft preiswürdig. Im Grunde trug der Deutsch-Französische Journalistenpreis in dieser Anfangszeit seinen Namen zu Unrecht, denn Beteiligung gab es quasi ausschließlich aus Deutschland, französische Beiträge kamen nur auf Nachfrage (Otto Klinkhammer: „Französische Teilnehmer musste man damals jagen gehen“). Schlimmer noch, in den Jahren 1986 bis 1988 sowie 1991 wurde der Preis gar nicht verliehen – weil nicht genügend Geld vorhanden war. Es dauerte ganze zehn Jahre, bis 1993 zum ersten Mal ein Beitrag aus Frankreich einen Preis gewann.

Nach wie vor ist es so, dass die große Mehrheit der Einreichungen aus Deutschland kommt. Hauptsächlich weil es durch die föderale Medienlandschaft in Deutschland mehr finanzstarke Sender und Tageszeitungen gibt und in Frankreich nur etwa halb so viele Journalisten arbeiten.

Die neuen Partner und Preiskategorien

Maßgeblich dazu beigetragen, den Preis in Frankreich bekannt zu machen, haben das Französische Generalkonsulat im Saarland, der französische Botschafter in Deutschland, Jacques Morizet, sowie Rudolph Herrmann vom Deutsch-Französischen Jugendwerk, der sich persönlich für den DFJP einsetzte und französische Journalisten zum Mitmachen ermunterte.

Erst durch die Beteiligung von Radio France und später von Radio France Internationale und France Télévisions gelang es dem DFJP, in Frankreich Fuß zu fassen. Diese Medien beteiligten sich am Preis und am Preisgeld. Die Organisation, bisher eher nebenbei abgewickelt, wurde zunehmend professionalisiert.

Das Bestreben des SR, herausragende Berichterstattung im deutsch-französischen Bereich auszuzeichnen, war auch anderen Medien wichtig, und so beteiligten sich nach und nach das ZDF, die Holtzbrinck-Verlagsgruppe und ARTE. Neben diesen Medien stießen auch Organisationen dazu, die das Miteinander von Deutschen und Franzosen fördern: das Deutsch-Französische Jugendwerk, das Département de la Moselle, die Robert Bosch Stiftung und einige Jahre lang auch die ASKO Europa-Stiftung und der Deutsch-Französische Kulturrat.

So erhielt der DFJP nach und nach eine immer breitere finanzielle Grundlage. Da einige Zeitungen und Verlagshäuser ihren Willen bekundet hatten, am Preis teilzunehmen, wurde 1994 eine dritte Preiskategorie eingeführt: Printmedien. 2004 kam ein Internetpreis hinzu. Einige Jahre lang gab es Sonderpreise für die Bereiche Wirtschaft und Kultur, eine Zeit lang wurde beim Fernsehen unterschieden zwischen Kurzbeiträgen und Beiträgen über 20 bzw. 10 Minuten. 1990 hoben die Preisstifter einen Nachwuchspreis (damals noch „Sonderpreis des Deutsch-Französischen Jugendwerks“) aus der Taufe. 1998 wurde erstmals ein Ehrenpreis verliehen, der 2008 erweitert wurde zum Medienpreis. Damit können auch Nicht-Journalisten ausgezeichnet werden, deren Werk der deutsch-französischen Annäherung und Verständigung dient.

1984: Otto Klinkhammer (l.), Hubert Rohde (2. v.l.), Martin Graff (4. v.l.)

Die Preisverleihungen: vom Studio zum Schloss und zurück

1983 wurden die Preise noch bei einem kleinen Festakt im Sendesaal des SR vergeben. Mit den Jahren wurden die Räumlichkeiten für die Preisverleihung immer pompöser. 1994 fand die Preisverleihung im Dresdner Schloss Pillnitz statt, 1997, 1999 und 2001 im französischen Außenministerium, 1998 im Bonner Gästehaus Petersberg sowie 2000 und 2002 im Weltsaal des Auswärtigen Amtes. In diesen Jahren wechselten sich der deutsche und der französische Außenminister als Schirmherren der Veranstaltung ab.

Seit 2003 finden die Verleihungen wieder in Räumlichkeiten der Preisstifter und Organisatoren statt. Die Außenministerien sind seitdem statt Schirmherren Gastherren: Im Anschluss an die Preisverleihung werden die Preisträger und Stifter regelmäßig in der jeweiligen Botschaft zu einem Empfang oder einem Dîner eingeladen.

Zu den zahlreichen Persönlichkeiten, die die Preisverleihung moderiert haben, zählen zum Beispiel Ulrich Wickert, Gabi Bauer, Steffen Seibert, Patrick Chêne, Michèle Cotta und Françoise Laborde. Am häufigsten, nämlich dreimal, war Anette Burgdorf Moderatorin der Veranstaltung, sie war bekannt geworden als ‚die’ Deutsche in der France 2-Vorabendshow „Union libre“. Nach vielen Jahren der Doppelmoderation war Anette Burgdorf auch die erste in der bis heute anhaltenden Tradition der ‚zweisprachigen’ Moderation, die je nach Bedarf von der einen zur anderen Sprache wechselt.

Die Juroren und Mehrfachgewinner

Mit der zunehmenden Bekanntheit des Preises und der steigenden Anzahl der Medienkategorien stieg natürlich auch die Zahl der Einsendungen. Waren es im ersten Jahr gerade mal 16, so stieg die Zahl auf bis zu 230. Entsprechend wuchs auch die Arbeit der Jury. So wird seit einigen Jahren eine so genannte Vorjury einberufen, die eine Vorauswahl der Beiträge trifft. Die Vorjury tagt traditionell jedes Jahr in Saarbrücken und nominiert Beiträge für die einzelnen Preiskategorien. Die Hauptjury entscheidet dann über die Preisträger. Sowohl die Vor- als auch die Hauptjury ist besetzt mit erfahrenen Journalisten und Medienexperten aus Deutschland und Frankreich, manchmal aber auch aus anderen Ländern (z.B. Luxemburg, USA), um einen ‚Blick von außen’ beizusteuern. Unter den Juroren waren z.B. Peter Scholl-Latour, Heiko Engelkes, Marc Leroy-Beaulieu und Philippe Rochot.

In wenigen Fällen kam es vor, dass die deutsch-französischen Jurys einen Journalisten mehr als einmal ausgezeichnet haben. So gewann Martin Graff in der Kategorie Fernsehen in den Jahren 1984 (1. Preis), 1985 (3. Preis) sowie 1995 (Sonderpreis des Deutsch-Französischen Kulturrats); Pascale Hugues gelang es, Preise in zwei verschiedenen Kategorien zu erhalten: 2002 für einen Fernsehfilm, 2005 für einen Print-Artikel; ebenso Harald Schultz: 2000 für einen Print-Artikel, 2007 für ein Webangebot; Sophie Rosenzweig brachte es sogar auf drei Preise in zwei Kategorien: 1989 und 1994 der Hörfunk-Hauptpreis, 1997 der Hauptpreis Fernsehen (jeweils mit verschiedenen Co-Autoren). Absoluter ‚Rekordhalter’ ist aber Jean-Paul Picaper, der in gleich drei verschiedenen Kategorien Preisträger wurde: 1983 (also im Premierenjahr) der Hörfunk-Preis, 1997 der Sonderpreis der ASKO Europa-Stiftung für einen Print-Artikel und 2004 der Ehrenpreis, u.a. auch aufgrund des von ihm ins Leben gerufenen deutsch-französischen Webangebots www.eurbag.eu.

Für einige Journalisten war die Auszeichnung der Karriere-Beginn, für manche eine Bestätigung ihrer Leistung und für wieder andere, besonders beim Ehrenpreis, die Krönung einer großen Karriere. In vielen Fällen wurden prämierte Radio- oder Fernseh-Beiträge nach der Auszeichnung noch einmal ausgestrahlt, zum Teil auch von anderen Sendern.

1983: Jurysitzung mit Peter Scholl-Latour (6. v.l.)

Die Zukunft des Preises

25 Jahre nach seiner Gründung gehört der Deutsch-Französische Journalistenpreis zu den renommiertesten und höchstdotierten Journalistenpreisen. Der Saarländische Rundfunk ist nach wie vor Hauptorganisator und wichtigster Preisstifter. Von Saarbrücken aus werden die Fäden nach Paris und Berlin sowie in die entlegensten Ecken Deutschlands und Frankreichs gezogen. Die Preisverleihungen finden abwechselnd in Paris und Berlin statt.

1994: Preisträger

Immer wieder wird diskutiert, ob der Preis noch zeitgemäß ist, ob er nicht lieber als ‚Europäischer Journalistenpreis’ ausgeschrieben werden sollte, ob wir inzwischen nicht genug über das Nachbarland wissen. Doch Klischees und Stereotype sind hartnäckig. Und Menschen, die in der Praxis mit deutsch-französischer Zusammenarbeit zu tun haben, wissen, dass der deutsch-französische Alltag nach wie vor von Missverständnissen gestört wird. Und auch bei der Berichterstattung über unser Nachbarland müssen sich die deutschen und französischen Juroren, aber auch aufmerksame Leser, Hörer und Zuschauer manchmal verwundert die Augen bzw. Ohren reiben.

Deshalb sind der SR und seine Partner der festen Überzeugung, dass der Deutsch-Französische Journalistenpreis immer noch einen Sinn hat. Auch weiterhin sollten Beiträge ausgezeichnet werden, die zu einem besseren wechselseitigen Verständnis der Menschen in Deutschland und Frankreich beitragen und die Positionierung dieses ‚Paares’ in Europa dokumentieren. Weil so Redaktionen und Autoren belohnt werden, die auf Qualitätsjournalismus setzen. Und weil so auch deutsch-französische Kooperationen und Co-Produktionen angestoßen und beflügelt werden – oder es gar zu der Gründung eines deutsch-französischen Medienunternehmens wie ARTE 1991 kommt. Es ist noch viel Platz für weitere Initiativen und Aufklärung.

1995: Moderator Ulrich Wickert (r.)

1998: Klaus Kinkel

1998: Klaus Kinkel

1996: Oskar Lafontaine, Isabelle Bourgeois